Bewerbungen

by Diane on 18/03/2006

Wir haben schon länger nichts mehr von uns hören lassen. Einigen ist es aufgefallen und sie haben per Mail nachgefragt oder einfach angerufen. Anderen war es wohl eher recht, dass es ein bisschen stiller um uns war, da musste man nicht immer diese lästigen Blogeinträge lesen, nicht wahr? ;)

Der Grund für die Funkstelle liegt darin, dass ich fleissig Bewerbungen geschrieben habe. Nicht, dass mir mein Job keinen Spaß mehr machen würde. Ganz im Gegenteil, im Community Center ist es immer noch schön und inzwischen hat man mir auch schon mehr oder weniger offiziell die Schwangerschaftsvertretung für meine Chefin angeboten, was jeden Tag eine halbe Stunde mehr arbeiten und 4,50 Dollar mehr Kohle pro Stunde bedeuten würde. Deshalb habe ich es eigentlich gar nicht so eilig, dort wegzukommen.

Andererseits gab es in der letzten Woche zwei sehr verlockende Stellenausschreibungen in der Zeitung, so dass ich beschlossen habe, es einfach mal zu versuchen. Wenn es nicht klappt, dann ist es ja schließlich nicht so schlimm, ich hab ja immerhin einen Job. Zunächt einmal hat es Tage gedauert, meinen bislang halbherzig auf neuseeländisch getrimmten Lebenslauf so aufzupeppen, dass er auch bei besseren Jobs eine Chance hat. Dann galt es, ein perfektes Anschreiben im Kiwi-Style zu produzieren, wobei mir zum Glück Doesjka geholfen hat. Da stehen jetzt Wörter drin, dich ich wahrscheinlich sonst im Leben nie kennengelernt hätte. Und anscheinend war es sogar gut genug, mich zum Vorstellungsgespräch einzuladen!

Gestern früh war ich bei der PSA, der Gewerkschaft für Serviceberufe (woran erinnert mich das nur? ;)) um mich vorzustellen. Und da ich schon einige Tage vorher wusste, dass ich dorthin gehe, habe ich meine Vormittage natürlich dazu genutzt, mich vorzubereiten. Ich habe ganz viele neue Vokabeln gelernt, mich intensiv mit dem neuseeländischen Gewerkschaftswesen auseinander gesetzt und mir überlegt, wie ich mich am geschicktesten präsentiere. Da blieb natürlich keine Zeit zum bloggen, ist ja klar, oder? ;)

Der Ablauf des Bewerbungsverfahrens war sehr interessant. Ursprünglich war geplant, dass wir mit einer Gruppenübung beginnen und danach Einzelinterviews führen sollten. Da ich aber nachmittags arbeiten musste und ich natürlich in Brooklyn nicht erzählen wollte, dass ich zu einem Bewerbungsgespräch gehe, waren sie so lieb und haben mich vorgezogen. Ich kam also um halb 12 dort an, die Aufzugtüren öffneten sich in einen großen Raum, der von den Mitarbeitern als Pausenraum genutzt wird und – großer Alptraum – da standen etwa 25 Leute und heulten. Denn soeben war ein netter Kollege vor deren Augen an einem Herzinfakt gestorben. Nicht gerade der beste Moment, da rein zu platzen und ich hätte mich auch gern unsichtbar gemacht, klappte aber nicht.

Also Flucht nach vorn und auf die Suche nach Judy, der Personaltante gemacht. Die kam dann auch bald, es waren aber alle Meetingräume belegt und wir sind in den extremst beeindruckenden Videokonferenzraum gegangen. Ein riiiiieeesiger Bildschirm an der Wand, direkt verbunden mit allen PSA-Filialen des Landes. Sowas wäre auch für ver.di schick gewesen! Nach kurzer Zeit gesellte sich ein weiterer Mensch aus Auckland zu uns, der Organiser aus Wellington (aus dem Team in dem die Stelle ausgeschrieben war) kam leider nicht. Den hätte ich gern überzeugt, dass ich perfekt in sein Team passe… ;) Das Gespräch selbst war eigentlich sehr gut. Die Fragen waren für mich nicht sehr überraschend, denn die eigentliche Gewerkschaftsarbeit unterscheidet sich hier nicht grundlegend von der in Deutschland. Die Gesprächsatmosphäre war sehr entspannt und freundlich und es hat sogar tatsächlich ein bisschen Spaß gemacht.

In Deutschland hatte ich immer das Gefühl, regelrecht in die Mangel genommen worden zu sein, hier war es aber kein bisschen unangenehm. Ich würde sogar fast behaupten, wenn es nur um dieses Einzelgespräch gegangen wäre, hätte ich die Stelle wahrscheinlich bekommen. Die waren sichtlich begeistert von mir und habe explizit erwähnt, dass es ja toll wäre, wenn ich meine “internationale Erfahrung” ins Team einbringen würde. Tja, aber dann kam leider das Gruppengespräch. Wir bekamen eine Aufgabe, in der wir unser Talent zur Teamarbeit und strategischen Planung zeigen sollten. Die Aufgabe war lösbar, ich hatte jede Menge Ideen und habe sie auch so gut wie möglich vorgebracht. Leider war das Ganze sehr komplex und ich habe immer wieder viel Zeit damit verbracht, in meinem Kopf nach Vokabeln zu suchen. Dass ich immer noch auf Deutsch denke war auch nicht sehr hilfreich in dieser Situation, das Übersetzen braucht viel zu viel Zeit. Ich habe mich also nicht ganz so gut darstellen können, wie ich eigentlich bin. Zwischendurch hatte ich überlegt, mich freiwillig zu melden um unsere Gedanken am White Board festzuhalten, da ich ganz gut Strukturieren kann und auch eine recht ordentliche Handschrift habe, das habe ich aber dann gelassen, weil ich mich noch weniger auf die Inhalte hätte konzentrieren können.

Ich würde nicht sagen, dass ich total versagt hätte, aber von meinen drei Mitbewerbern waren zwei so dermaßen stark, da wäre es mir auch schon in Höchstform schwer gefallen, gegen anzukommen.

Eine endgülige Absage habe ich zwar noch nicht, aber wenn die beiden anderen sich im Einzelinterview nicht total daneben benommen haben, dann ist das Rennen für mich an dieser Stelle vorbei. Ich bin aber nicht mal wirklich traurig darüber, denn immerhin war das auch eine gute Übung für folgende Bewerbungsgespräche und immerhin steht ja auch noch eine Bewerbung aus, die ich erst gestern abgeschickt habe. Vielleicht kommt da ja auch wenigstens ein Interview bei herum…

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