Heute war ein ethisch-moralischer Extremtag. Mein Führerschein kam heute per Post; auf ihm ist vermerkt, dass ich Organspender bin. Seit 15 Jahre trage ich nun täglich einen deutschen Organspenderausweis mit mir rum, der ohne Einschränkung die Entnahme aller Organe erlaubt, aber das im Führerschein festgeschrieben zu wissen, ist schon ein etwas seltsames Gefühl. All die Jahre hätte ich die Gelegenheit gehabt, den Ausweis einfach wegzuwerfen und mich nach meinem Tod als Ganzes in den Himmel entsenden zu lassen, aber nun geht das nicht mehr so einfach.
Wenn ich eines Tages kein Spender mehr sein möchte, muss ich einen neuen Führerschein beantragen und diesen dann auch selbst bezahlen. Dazu bin ich dann wahrscheinlich noch weniger bereit, so dass ich nun auf ewig festgeschriebener Spender bin. Immerhin tröstet mich, dass bei der Frau, deren komplette untere Gesichtshälfte transplantiert wurde, vor der Bestattung noch mal ein paar plastische Chirurgen am Werk war, so dass sie wenigstens hübsch ins Licht gewandert ist.
Wo ich heute schon mal so großzügig mit meinen einzelnen Bestandteilen war, habe ich mich dann auch gleich mal für’s Blutspenden entschieden. Normalerweise darf man ja im Dreimonatsrhythmus spenden und mein nächster möglicher Termin wäre schon Anfang Dezember gewesen. Da ich der Meinung bin, dass eigentlich jeder gesunde Mensch nicht nur moralisch sondern auch gleich staatlich dazu verpflichtet sein sollte, sein Blut für Kranke oder Verunfallte zur Verfügung zu stellen, galt für mich heute keine Ausrede mehr. Das Blutspendezentrum liegt direkt neben dem Krankenhaus und ist nur einen gemütlichen kleinen Spaziergang von unseren Zuhause entfernt. Es ähnelt dem Blutspendezentrum vom Roten Kreuz in Essen sehr, außer dass man hier nicht ganz so pingelig ist, was die Hygiene angeht. Nicht, dass man mich falsch versteht – hier ist auch alles sehr sauber und die Schwestern tragen Handschuhe zur Blutabnahme, aber beispielsweise turnte die Tocher einer Spenderin im Spenderraum rum und versorgte die anderen Spender mit Magazinen, Keksen und Getränken. Undenkbar, dass es beim Roten Kreuz Kekse im Spenderaum geben könnte! ;) Ansonsten war alles gleich, selbst die Fragen, die im Vorfeld gestellt wurden, waren die selben wie in Deutschland. Mit der einen kleinen Ausnahme, dass homosexuelle Männer hier auch Blutspenden dürfen. Die Formulierung wäre zwar meiner Meinung nach auch noch nicht antidiskriminierungsgesetzkonform, aber immerhin werden sie nicht grundsätzlich von der Spende ausgeschlossen, wie in Deutschland (oder hat sich das zum 1.1.06 geändert?). Was mir hier gut gefällt ist die Tatsache, dass man im Anschluss ein Kärtchen mit der Konservennummer bekommt, auf dem eine Telefonnummer vermerkt ist, bei der man sich melden kann, falls man in den Tagen nach der Spende noch eine Krankheit bei sich feststellt.
Apropos Krankheit, meine Windpocken von Dezember scheinen tatsächlich auch einen nützlichen Aspekt gehabt zu haben. Da mein Blut nun vor Antikörpern nur so strotzt, kann es in der Chemotherapie von krebskranken Kindern benutzt werden, damit diese gleichzeitig gegen Windpocken immun werden und somit ein zusätzlicher Gefahrenfaktor ausgeschaltet werden kann. So hab ich das zumindest verstanden.
Um den Guter-Mensch-Tag perfekt abzurunden habe ich dann im Anschluss an die Spende noch ein Recyclingbox bei der Stadt besorgt, damit wir unserer Umwelt zuliebe ab heute auch endlich Müll trennen können. Außerdem habe ich ein Shirt gekauft, von dessen Erlös 10 Dollar an die Brustkrebsgesellschaft gehen.
Das bedeutet im Tagesresümee:
1) Organspender auf Lebenszeit
2) Gaaaanz viel von meinem Blut für kranken Kinder zur Verfügung gestellt
3) Recyclingkreislauf gestartet
4) Brustkrebsgesellschaft mit 10 Dollar unterstützt
Heute war ich wirklich an Gutsein kaum zu übertreffen… ;)
Hallo und Guten Abend nach Wellington,
ganz große Klasse, Du "Gutermensch". Prima, prima!Inge aus Ober-Mörlen. Gruß und Bussi.
Das hast du Gut gemacht .Ich bin stolz auf dich . Ist doch Gut mit den Spenderausweis im Führerschein das müßten die hier auch einführen.Mir haben die vom Roten Kreutz auch etwas mehr Blut abgenommen weil es gewisse eigenschaften hat das sie mehr brauchten .
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