Auf Kriegspfaden II – Wrights Hill

by Diane on 04/06/2007

Ganz bei uns in der Nähe gibt es den Wrights Hill, der sozusagen den Gegenpart zu unserem Skyline Hügel am Ende unserer Straße bildet und mit ihm gemeinsam das Tal formt, in dem sich Karori befindet. Von diesem Hügel aus kann man wunderbar die Cook Strait (der Teil des Pazifiks, der sich zwischen Neuseelands Nord- und Südinsel befindet) observieren. Zu Verteidigungszwecken wurde dort im Zweiten Weltkrieg ein Fort errichtet, das an vier Tagen im Jahr (Waitangi Day, ANZAC Day, Queen’s Birthday und Labour Day) besichtigt werden kann. Eigentlich hatten wir schon seit längerem geplant, uns das Fort anzuschauen, aber entweder hat es an den entsprechenden Tagen ekelig geregnet und wir hatten schon andere Pläne für den Feiertag, so dass wie den Tag der offenen Tür bislang verpasst haben. Heute war es aber endlich soweit, nochmal wollten wir uns die Chance nicht entgehen lassen.

Fast wären wir an unserem Vorhaben gescheitert, denn irgendwie konnten wir den Eingang nicht finden. Das Fort ist megamäßig gut getarnt und durch seine Lage mitten im Hügel nicht leicht zu finden. Da wir besonders abenteuerlustig sein wollten und nicht mal zum Parkplatz vor dem Eingang gefahren sind, sondern auf halben Berg angefangen haben, zum Aussichtspunkt zu wandern, waren die Bedingungen natürlich auch erschwert. Irgendwann haben wir dann zum Glück einen Seiteneingang gefunden, so dass wir zwar nicht mit dem Rundgang an Punkt eins anfangen konnten, aber immerhin schon mal drin waren.
Das Fort wurde in den 1940ern errichtet, um Wellington vor einem Feindangriff vom Wasser her zu verteidigen, insgesamt war die Installation von drei große Kanonen geplant, die bis zu 30 Kilometer weit fliegen und Schaden anrichten konnten. Zwar wurde die Gegend schon 1935 für die Errichtung des Forts ausgewählt, jedoch in stoischer Kiwi-Gelassenheit wurde erst im Oktober 1942 ein bisschen Gas gegeben. Nachdem sich Situation im Pazifik gegen Ende 1943 wieder ein wenig beruhig hatte, ging man die Bauarbeiten wieder etwas relaxter an. Das Fort besteht aus unterirdischen Tunneln, die sich über eine Strecke von 620 Metern erstrecken und miteinander verbunden sind. Von den ursprünglich geplanten drei Kanonen wurden letztendlich nur zwei eingebaut, die Bestellung für die dritte wurde storniert, da sich die Kriegssituation im Laufe der Bauarbeiten extremst verbessert hatte. Zum Glück kamen die Kanonen während des Krieges nie zum Einsatz. Lediglich einige Testläufe wurden 1946 und 47 sowie nach dem Krieg durchgeführt. Bis Mitte der 1950er Jahre wurde das Fort noch als Trainingszentrum genutzt, doch in den frühen 1960ern wurden die Kanonen abmontiert und an die Japaner als Altmetall verkauft. Für viele Jahre wurde das Fort sich selbst überlassen und niemand kümmerte sich darum, bis 1988 der Karori Lions Club dessen historischen Wert erkannte und eine Restaurationsgesellschaft gründete, die sich seither um das Fort kümmert und eben an den oben genannten vier Tagen der Öffentlichkeit zugändlich macht. Ich fand das Wandern durch die dunklen Gänge sehr gruselig. Zwar fand ich die Informationen über die Kanonen sehr interessant, aber dennoch bin ich froh, dass mein Arbeitsplatz da doch ganz anders aussieht.

Was mich ein wenig irritiert hat, war die Tatsache dass man für einen Dollar draussen mit einem Gewehr schießen konnte, und der nette Tarnanzugonkel gerade mit einem etwa Dreijährigen, der kaum den Abzug ziehen konnte, hinter einem Haufen Sandsäcke versteckt auf ein Ziel zielte. Finde nur ich das komisch, dass solche Mini-Dreikäsehochs Waffen in die Hand gedrückt bekommen? Ansonsten war der Besuch im Fort echt lehrreich und interessant. Unter anderem gab es auch eine Ausstellung mit diesen Clips und Broschen, die man für bestimmte Dienste verliehen bekam. Ein Ausstellungskasten war voll mit Nazi-Gedönse, unter anderem mit einem Hakenkreuzanhänger, den Mütter verliehen bekamen, die vier Söhne in den Krieg geschickt hatten. Meiner Meinung nach hätten zwar eher diejenigen Mütter eine Auszeichnung bekommen sollen, die ihre Söhne versteckt haben – aber gut, das ist eine ganz andere Geschichte. Ich habe zumindest nicht gewusst, dass es derartige Orden für Mütter gab, dabei muss es doch eine recht große Anzahl Frauen mit vier und mehr Söhnen gegeben haben. Wieder was gelernt!

Joe June 4, 2007 at 12:00 am

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Es dürfte sich wohl um das Mutterkreuz gehandelt haben: http://de.wikipedia.org/wiki/Mutterkreuz , oder?

Selbiges wurde unabhängig vom Geschlecht und Kriegseinsatz der Kinder an die Mütter verliehen.
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Diane June 4, 2007 at 12:00 am

Ja genau, das Mutterkreuz war’s! Was fuer ein Segen, Lehrer als Freunde zu haben… :-)

Inge König June 9, 2007 at 12:00 am

Da muss ich aber auch noch meinen Kommentar dazu abgeben. Meine Großmutter, also Kais Urgroßmutter, hatte 7 Kinder, davon waren 2 Kinder, Söhne und wiederum einer davon blieb im Krieg. Und dafür, für die 7 Kinder, hat meine Großmutter das Mutterkreuz bekommen…. Dieses Kreuz ist auch noch irgendwo in einer Kiste vorhanden. Die damaligen Machtbesessenen in Deutschland wollten ja schließlich die "ganze Welt" im Griff haben und da brauchte man viele Kinder. Mir drängt sich aber ein Gedanke auf zur heutigen Politik…

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