Christchurch ist doof

by Diane on 03/10/2006

Der Titel dieses Blogeintrags könnte auch genauso gut “Warum ein Tag mit einem guten Seminar trotzdem blöd sein kann” heißen. Es ist nicht einer dieser Tage an denen alles richtig schief läuft, trotzdem ist es irgendwie kein toller Tag. Ich bin in Christchurch, um ein Seminar für frische Gewerkschafter zu besuchen. Um pünktlich zu Seminarbeginn um 9 Uhr in Christchurch zu sein musste ich noch vor 5 Uhr aufstehen, was bei mir grundsätzlich schon mal nicht gerade zu guter Laune beiträgt. Von Jenny, die sich morgen auf einen Kurztrip nach Rotorua aufmacht, hatte ich mich am Abend vorher schon verabschiedet, da sie ja noch einmal nach Wellington zurück kommt. Den verschlafenen Frank um halb 6 noch mal zu drücken war da schon härter. Er fliegt morgen nach Nelson und wir werden uns nicht mehr sehen, bevor es für ihn danach nach Australien und dann zurück nach Deutschland geht. Das hat mich schon die ersten Tränen des Tages gekostet.
Der Flug nach ChCh war auch nicht gerade prickelnd. Gestern nachmittag war der Flughafen in Wellington wegen zu tief liegender Wolken gesperrt, somit waren dann heute morgen nicht genug Flugzeuge für die geplanten Strecken am Airport. Für Christchurch gab es aber eine Maschine, die dann vollgepackt war mit den Leuten die gestern nicht mehr weiter fliegen und eine Nacht in Wellington verbringen mussten. Während ich sonst bei Flügen am frühen morgen (dieser war um 6.50 Uhr) immer noch ein bisschen im Flieger schlafe, saß ich also heute in einer Maschine mit etwa 15 Kindern unter 3 Jahren. Der erste hat noch vorm Start angefangen zu brüllen und alle sind mit eingefallen. Wer kommt auf die blödsinnige Idee, so kleine Würmchen morgens so früh aus dem Bett zu reißen? Ist doch kein Wunder dass die dann unzufrieden und quängelig sind. Die hätten doch auch vormittags noch fliegen können? War also nichts mit Nickerchen. Auch im Taxi nicht, denn die Taxifahrerin war sehr gesprächig. Sie hat mir tolle Tipps gegeben, was ich in Christchurch nicht verpassen darf – dummerweise nur findet nichts davon nach 5 Uhr statt so dass ich keinem ihrer Hinweise folgen kann. Auch die Berge, die man angeblich so toll sehen kann, habe ich noch nicht entdeckt. Es ist heute so diesig dass Christchurch mehr wie Holland wirkt – total flach. Im Hotel angekommen gab es einen der wenigen Lichtblicke des Tages: ich wurde abgegradet und sitze gerade in einem schicken, frisch renovierten Apartment.
Das Seminar war dann echt gut. Fast alle Teilnehmer sind nett, die Inhalte genau was ich brauche, niemand nölt wegen zu wenigen Raucherpausen und es war sogar auf Anhieb vegetarisches Essen für mich da. Mal ein ganz neues Seminarfeeling… ;). Aber gleich danach ging es weiter mit Elend. Im Hotel gibt es kein wireless Internet, ich hatte also die Möglichkeit, mich in die Hotellobby an einen Rechner zu setzen oder mich um eine Dial-up-Verbindung zu kümmern. Ich fand die Hotellobby unattraktiv und bin dann mal losgestiefelt. Mittlerweile regnete es in Strömen (was lobe ich mir dagegen doch den leichten Wellingtoner Nieselregen, der höchstens mal abends/nachts zum Wasserfall aus Wolken mutiert) und die Telecom wollte mir einen Vertrag mit einer monatlichen Grundgebühr andrehen. Ich habe dann eine Art Internetcafé gefunden, die diese Dinger vermieten, die man direkt ins Notebook stecken und via Handyleitung online gehen kann. Kostet 500 Dollar Pfand, was es sonst noch kostet konnte mir der bekiffte Knabe leider nicht sagen. Also konnte ich das auch nicht ausleihen. Er hat mir dann eine Telefonkarte verkauft, mit der man sich angeblich ins Internet einwählen kann. Dazu gab es dann gratis eine zweiseitige Anleitung. Zurück im Hotel wollte ich das dann ausprobieren, fand aber zufällig eine ungesichertes Drahtlosnetzwerk in das ich mich einfach einloggen konnte. Ahrgs! Und meine Hoffnung auf einen Blogeintrag von Kai, Jenny und Frank über den Crayfisch wurde auch nicht erfüllt…
Als nächstes wollte ich mir ein Dinner in einem Restaurant gönnen, dass in Franks Reiseführer als bestes vegetarisches Restaurant der Stadt erwähnt wird. Diesmal war ich besser vorbereitet und hatte meinen Regenhut auf. Hat aber trotzdem nicht viel genutzt, da das Restaurant weiter weg war als es auf dem Stadtplan aussah, also wurde ich trotzdem wieder nass bis auf die Haut. Dabei hatte ich als Ohrwurm die ganze Zeit “Lakini’s Juice” von Live im Kopf, das mit den Zeilen “It was an evening I shared with the sun” anfängt – nicht gerade passend wenn man im Regen steht. Immerhin war das Essen extrem gut (zweiter Lichtblick des Tages) und der Wein der Cantabury Region war auch prima. Auf dem Rückweg wollte ich mir ein Snickers gönnen, meinen favourisierten Schokoriegel (Duplos sind auch geil, gibt es hier aber nicht). Ich bin also in die nächste Dairy, wie ich das so von Wellington kenne, und wollte einen Riegel kaufen. Snickers gab es nicht, aber ein Bounty mit dunkler Schokolade lächelte mich an. Leider lächelte es nur bis ich seine Rückseite betrachtete, sein Mindeshaltbarkeitsdatum war nämlich seit dem 25.05.2006 überschritten. Um aus der Nummer wieder rauszukommen und nichts dort kaufen zu müssen, habe ich nach dem Snickers gefragt, von dem ich ja inzwischen wusste dass es zumindest nirgendwo offensichtlich rumliegt. Daraufhin bekam ich eine Tüte mit asiatischen Schriftzeichen in die Hand gedrückt, von eifrigem Kopfnicken des Typen hinter der Theke und einem kräftigen “Snickface!” begleitet. Neee, das wollte ich auch nicht. Also wieder raus in den Regen und ab in die nächste Dairy. Dort gab es frische Snickers und Kitkat mit Honigstückchen, das stimmte mich friedlicher. Auf dem Rückweg fiel mir dann ein, dass ich ja auch meinen iPod dabei hatte, also habe ich dreimal “Let the sunshine” aus dem Musical Hair gehört und kam mir beim Eintreffen am Hotel vor wie die Schauspieler der Tecklenburger Freilichtbühne bei deren total verrechneter Aufführung von Hair, bei der Mirjam in der Schlussszene bibbernd in einer Pfütze lag. Das hat meine Laune erstaunlicherweise angehoben – nicht weil ich Spaß daran habe mir Mirjam frierend vorzustellen, sondern weil die Freilichtbühne so großartig ist. Das einzig blöde jetzt im Hotelzimmer ist, dass heute eigentlich gute Filme auf Sky TV laufen (Brokeback Mountain, Munich), ich diese Sender aber nicht empfange, sondern Scary Movie laufen lassen muss. Wenn ich mich jedoch gleich wieder auf’s Fernsehen konzentrieren kann, schalte ich um auf Deutsche Welle. Dort werde ich nämlich erfahren, warum die Deutschen die Koalition so kacke finden. Da bin ich mal gespannt. Und morgen bekommt Christchurch eine zweite Chance. Mal sehen ob es die nutzt…!

{ 1 comment… read it below or add one }

Cathy October 3, 2006 at 12:00 am

He, die Tage kenne ich. Aber Du solltest ChCh unbedingt noch eine zweite Chance geben. Morgen scheint bestimmt die Sonne und alles wird besser.
Lass den Kopf nicht hängen
cathy

Leave a Comment

Previous post:

Next post: